Als passionierter Läufer, ehemaliger Marathonteilnehmer und erfahrener Sportmediziner weiß ich: Egal wie lange und gut wir uns vorbereiten – sei es auf eine Klausur, ein Gespräch mit dem Chef oder eben einen Marathon – am Ende haben wir trotzdem meist das Gefühl, nicht ausreichend in Form zu sein. Wer sich zu Unizeiten in der letzten Woche vor einer Abgabe die Nächte um die Ohren geschlagen und Schlaf durch Kaffee ersetzt hat, dem sei gesagt: Wer erfolgreich einen Marathon absolvieren will – zum Beispiel den Köln-Marathon am nächsten Sonntag – darf in den letzten Wochen keine Versäumnisse mehr nachholen! Ganz im Gegenteil, das Zauberwort für erfolgreiche 42 Kilometer heißt Tapering. Was der Begriff bedeutet und welche Strategie dahintersteht, erfahren Sie hier.
Kilometerumfang reduzieren, Spitzengeschwindigkeiten halten
In einer Woche ist es endlich so weit – Köln-Marathon. Der Tag, auf den Sie seit Monaten hin trainieren, ist zum Greifen nahe! Vielleicht setzt bei Ihnen auch gerade die Gedankenspirale ein, ob Sie tatsächlich genug trainiert haben und ausreichend vorbereitet sind. Nur nicht in Panik verfallen, lautet die Devise. In den letzten Wochen vor dem Marathon lässt sich kein versäumter Trainingskilometer mehr gutmachen! Entgegen der Erwartungen gibt es auch keinen Trainingsendspurt, sondern vielmehr eine Art Regenerationsphase – Tapering genannt. Dieser Begriff bezeichnet die Reduktion des Trainingsumfangs. Bei vielen löst dieser Ansatz große Verwunderung aus. Ihr Ziel ist aber der Marathon – und genau deswegen sollten Sie sich nicht davor auspowern, sondern Ihren Leistungsstand konservieren. Dabei spielt neben dem Training auch Ihre Ernährung eine entscheidende Rolle.
Damit Sie jubeln können, haben wir die wichtigsten Eckdaten zusammengefasst:
Statt sich kurz vor dem großen Tag müde zu laufen, sollten Sie lieber kürzer laufen. Der letzte lange Lauf liegt jetzt hinter Ihnen, nun kommt es darauf an, dass sich Ihr Körper erholt, ohne dass es zu Leistungseinbußen kommt: Am Sonntag vor dem Marathon ein ganz gemütlicher 30-Minuten-Lauf und dann vor allem am Dienstag ein Lauf über ca. 5 km im geplanten Marathon-Renntempo (mit Ein- und Auslaufen). Damit konditionieren Sie Ihr System schon einmal auf den Sonntag. Donnerstag und Samstag sind dann langsame Läufe bis zu 20 Minuten mit anschließenden bis zu drei kurzen Steigerungsläufen sinnvoll. So stimulieren Sie Ihre Muskeln sowie das Herz-Kreislaufsystem ausreichend, um Ihr antrainiertes Niveau zu halten und Ihre Leistungsfähigkeit zu konservieren.
noch 7 Tage bis zum Marathon
Vermeiden Sie eine starke Gewichtszunahme, indem Sie pro reduziertem Trainingskilometer 40 Kalorien weniger zu sich nehmen. Achten Sie dennoch darauf, dass der Anteil der Kohlenhydrate hoch genug bleibt (60–65 %), um die Glykogenspeicher vor dem Marathon weiter anzufüllen. Ihre Ernährung sollte nun fettarm und kohlenhydratreich sein.
noch 6 Tage
Essen Sie ausreichend, um Hunger zu vermeiden. Halten Sie dazu Ihre gewohnten Mahlzeiten ein und reduzieren ggf. nur die Portionsgröße.
nur noch 4 Tage
Erhöhen Sie den Kohlenhydratanteil in Ihrer Nahrung auf 70 Prozent oder mehr. Wer keine Kartoffeln und Nudeln mehr sehen kann, findet in Sportdrinks oder Fruchtsäften geeignete Alternativen.
die letzten 3 Tage
Sie haben Ihr Training beinahe auf null heruntergefahren. Dadurch fühlen Sie sich bestimmt etwas schwerfällig. Lassen Sie sich davon und von einer eventuellen leichten Gewichtszunahme nicht verunsichern. Ihre Muskeln sind randvoll mit Glykogen. Aber denken Sie daran: Damit die Rechnung aufgeht, sollten Sie den Fettanteil in der Nahrung drastisch reduzieren.
nur noch 2 Tage
Planung ist das halbe Leben. Wer eine weitere Anreise mit Übernachtung einplanen muss, sollte vor allem Rücksicht auf seine Ernährungsziele nehmen. Erkundigen Sie sich im Vorfeld über Einkaufsmöglichkeiten oder Restaurantangebote und halten Sie sich bestmöglich an Ihre Essenszeiten. Zusätzlich sollten Sie das Thema Hydrierung spätestens jetzt richtig ernst nehmen. Trinken Sie über den Tag verteilt mehr als üblich. Ein Indikator für Ihren Flüssigkeitshaushalt ist die Farbe Ihres Urins – hell bis farblos bedeutet, Sie sind ausreichend hydriert.
der letzte Tag vor dem Marathon
Versuchen Sie, Ruhe zu halten, innerlich wie äußerlich. Essen Sie zurückhaltend und nehmen Sie dafür vermehrt Flüssigkeit auf. Teilen Sie Ihre drei großen Mahlzeiten am besten in mehrere kleine auf, um Ihr Verdauungssystem nicht unnötig zu belasten. Meiden Sie Speisen, die zur Aufblähung führen könnten, oder risikobehaftete Nahrung wie z.B. Meeresfrüchte – Magenprobleme sollten am großen Tag kein Thema sein.
Wettkampftag!
In der Regel empfehlen wir eine leicht verdauliche Mahlzeit, etwa drei bis vier Stunden vor dem Start. Diese sollte mindestens 200g Kohlenhydrate (etwa 800 Kalorien) enthalten. Geeignet sind Rosinenbrötchen, Toast, Kartoffeln oder auch Reis. Alternativ können Sie auch auf einen Sportdrink oder gesüßten Brei zurückgreifen. Frühstücken Sie vor allem so, wie Sie es immer tun und etwas, von dem Sie wissen, dass Sie es gut beim Laufen vertragen – keine Experimente eingehen! Wenn Sie ausreichend hydriert sind, müssen Sie sich nicht bis zum Startschuss an Ihre Wasserflasche krallen – Pausen einlegen, um während des Marathons aufs stille Örtchen zu verschwinden, kostet schließlich auch Zeit.