Dass unsere Einstellung gesundheitsbefördernd oder -verhindernd sein kann, ist keine ganz neue Erkenntnis. Dieser Beitrag beleuchtet, warum das so ist und wie wir alle – trotz des latenten Dauerstress mit Corona-Themen – besser für uns sorgen können.
Psychologen benutzen den Begriff psychische Resilienz (Widerstandskraft), um zu beschreiben, wie belastbar unser Erleben auf Umweltreize reagiert. Schon der normale Alltag mit seinen Herausforderungen in Familie und Beruf führt uns da manchmal an unsere Grenzen. Dann fühlen wir uns gelegentlich machtlos und ausgelaugt. Seit Monaten durchdringen zusätzlich die Folgen der Corona-Pandemie alle Lebensbereiche. Eine neue Belastungsprobe für die seelische Widerstandskraft. Und erste Studien mehrerer Forscher*innen der Universität Marburg belegen eine Vielzahl von psychischen Folgen. Ob Verlust an Autonomie, also des selbstgesteuerten Lebens, belastende Existenzängste oder auffällige Hygiene-Exzesse bei Kindern und Jugendlichen: Der Ausnahmezustand macht etwas mit uns und damit kann er auch auf anderen Ebenen als dem Infektionsgeschehen krank machen. (1, 2)
Wie kommt das?
Der Berufsverband Deutscher Internisten verdeutlicht mit einer ganzen Liste an möglichen Symptomatiken, was bei Überlastung durch Stress mit ausgelöst werden kann: „Der Körper reagiert zunächst mit Verspannungen, die zu Kopf-, Genick- und Rückenschmerzen führen. Die Verdauung gerät durcheinander, was sich in Magenschmerzen, Sodbrennen, Durchfall, Verstopfung oder Blähungen ausdrücken kann. Manchmal kommt es zu Schlaf- und Essstörungen. Zeichen von Nervosität (Zähneknirschen in der Nacht, Stottern, Vergesslichkeit) und psychische Störungen bis hin zur Depression können mögliche Folgen sein. Anhaltender Stress kann letztlich zu schweren Herz-/Kreislauf- und Nierenerkrankungen, Stoffwechselstörungen, Allergien und Entzündungskrankheiten führen.“ (3)
Was tun?
Es gibt auf körperlicher Ebene die Standardreaktion auf Stress: Flucht oder Angriff. Mit entsprechenden Systemanpassungen, ob bei der Durchblutung oder durch Hormonausschüttung. Dem sind wir aber nicht machtlos ausgeliefert. Entspannungsübungen, Sport, Ernährung – es gibt viele Hebel, um entstressend zu handeln. Im Fokus steht dabei zunehmend auch die innere Haltung. Sie ist Teil unserer Verarbeitungsstrukturen im Gehirn. Wie unter anderem auch Forscher des Max-Planck-Instituts betonen: „In den letzten Jahren haben Wissenschaftler immer mehr Anhaltspunkte dafür gefunden, dass sich die Gehirnstruktur in Reaktion auf neue Umweltanforderungen beim erwachsenen Menschen ändern kann.“ (4)
So betont auch Matthias Berking, Professor und Lehrstuhlinhaber für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg in einem Zeit-Artikel: „Mittlerweile zeigt eine kaum noch zu überblickende Anzahl an Psychotherapiestudien, dass sich emotionale Verhaltensweisen beeinflussen lassen, auch noch im fortgeschrittenen Alter.“ Voraussetzung sei dafür die neuronale Plastizität, denn emotionale Schaltkreise im Gehirn wären auch bei Erwachsenen noch formbar. So sei es auch möglich, positiv wirkende Hirnareale gezielt zu stärken. (5)
Was hat Chiropraktik damit zu tun?
Wie eine Studie aus 2016 nahelegt, können chiropraktische Justierungen speziell die Region entlasten, die das eigene Verhalten unter Berücksichtigung der Umwelt bewertet und steuert: den präfrontalen Cortex. Er empfängt sensorische Signale und steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Integration von Gedächtnisinhalten und emotionalen Bewertungen, u.a. auch Schmerzerleben. Wenn es also darum geht, Situationen weniger negativ zu bewerten und Stress so möglichst gar nicht erst entstehen zu lassen, bietet sich hier eine Chance. Die am Aalborg Universitätskrankenhaus in Dänemark durchgeführte Studie zeigt dabei eine Entlastung des präfrontalen Cortex nach chiropraktischen Justierungen: „Die Veränderung im präfrontalen Cortex, wie sie in dieser Studie beobachtet wurde, legt daher nahe, dass der veränderte Input von dysfunktionalen Gelenken, der zu einer veränderten Verarbeitung somatosensorischen Inputs führt, die Verarbeitung somatosensorischer Informationen durch den präfrontalen Cortex beeinflussen kann.“ (6)
In einem Interview der Australian Spinal Research Foundation betont die Neurophysiologin und Chiropraktikerin Dr. Heidi Haavik den Wert der Studie: „Die neueste Studie legt nahe, dass die Veränderungen, die wir im Gehirn sehen, wenn wir die Wirbelsäule justieren, im präfrontalen Cortex stattfinden. Dieser Teil des Gehirns ist wie der Dirigent des Gehirns. (…) Die Studie zeigte eine Veränderung der Gehirnfunktion um durchschnittlich fast 20%“. (7)
Was viele Patient*innen wahrnehmen, findet so eine Entsprechung in der Forschung: Regelmäßige Justierungen können die Entspannung und Regeneration auch auf mentaler Ebene befördern – für mehr Widerstandskraft in Zeiten erhöhter Stressbelastung. Damit ist auch der Weg geebnet, um Herausforderungen positiver anzugehen und aus der Spirale negativer Gedanken auszubrechen.
Quellen:
1. https://www.uni-marburg.de/de/fb04/team-otto/aktuelles-termine/nachrichten/pressemitteilungen-mitarbeiter-der-a-o-im-interview-mit-dem-swr-covid-19-forschung-und-der-bbc-worklife-perfectionists
2. https://www.ardmediathek.de/swr/video/odysso-wissen-im-swr/was-macht-die-corona-krise-mit-unserer-psyche/swr-fernsehen/Y3JpZDovL3N3ci5kZS9hZXgvbzEyNTkwNjc/
3. https://www.internisten-im-netz.de/fachgebiete/psyche-koerper/stress.html
4. https://www.mpg.de/10935590/mpib_jb_2016
5. https://www.zeit.de/zeit-wissen/2011/02/Lernen-Gefuehle/seite 2?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F
6. https://www.hindawi.com/journals/np/2016/3704964/
7. http://spinalresearch.com.au/research-beyond-doubt-adjusting-subluxated-spine-changes-brain-function/