Sich locker machen oder geknickt sein – es gibt etliche Doppeldeutigkeiten, die schon alltagssprachlich nahelegen, wie eng verknüpft Körper und Psyche sind. Embodiment1 ist das wissenschaftliche Stichwort dafür, mit dem Forschende seit einigen Jahrzehnten diesem Wechselverhältnis auf die Spur kommen wollen. In der Chiropraktik steht analog dazu seit Anbeginn der Körper-Hirn-Dialog im Fokus. Was verraten uns also diese Blickwinkel z.B. zur Verschaltung von Haltung und Resilienz?
Wenn jemand den Kopf hängen lässt, bietet das einen Hinweis auf Niedergeschlagenheit. Es gibt sogar Definitionen von Depressionen, in denen die hängende Körperhaltung zur Symptomatik zählt. Also lohnt es sich, dem Wechselverhältnis von Psyche, Erleben und Haltung genauer auf den Grund zu gehen.
In mehreren Studien verweisen Forscher*innen darauf, dass motorische Prozesse mit Emotionen und Kognitionen verbunden sind. So berichteten beispielsweise Studienteilnehmende, die während eines Vortrags aufrecht saßen, in der anschließenden Selbstbeurteilung über ein höheres Selbstwertgefühl, höhere Aufmerksamkeit, eine bessere Stimmung und niedrigere Angstquote im Vergleich zu solchen, die in sich zusammengesunken waren.2 Eine sprachliche Analyse ihrer Aussagen ergab darüber hinaus, dass die gebeugt sitzenden Teilnehmenden während der Befragung u.a. mehr Wörter mit negativen Emotionen bzw. Traurigkeit und weniger Wörter mit positiven Emotionen verwendeten.
Haltung wahren – dein Körper als emotionale Feedbackschleife
Aufrechtes Sitzen, so die Forschenden, kann auch bei Stress das Selbstwertgefühl aufrechterhalten. So wird im Vergleich zu einer zusammengesackten Haltung die positive Stimmung durch aufrechte Haltung verbessert – auch laut Untersuchungen im Gehen. In einem Stresstest konnten bei aufrechter Haltung im Gehen wie bei den Sitzenden bessere emotionale aber auch autonome Körperreaktionen nachgewiesen werden. Physiologisch gesehen zeigte die Gruppe mit aufrechter Gehhaltung einen signifikant niedrigeren systolischen Blutdruck, eine geringfügig niedrigere galvanische Hautreaktion und eine geringfügig niedrigere Hauttemperatur als die Gruppe mit zusammengesunkener Gehhaltung.3 Da alle Tests darauf ausgelegt waren, die Haltung durch z.B. Sitzhöhe oder räumliche Verhältnisse zu manipulieren, also nicht unbedingt der natürlichen Wahl der Getesteten entsprach, wird das Ergebnis noch interessanter.
Kann also aufrechtes Sitzen oder Gehen eine einfache Verhaltensstrategie sein, um die Widerstandsfähigkeit gegenüber Stress zu erhöhen? Die einfache Antwort ist: Ja! Die wissenschaftliche Literaturlandschaft verdeutlicht, dass eine aufrechte Haltung in der Lage ist, eine positive Stimmung hervorzurufen.4 Und eine positive Haltung verändert auch die kognitive Leistung. Optimisten gelten sogar als langlebiger und grundsätzlich gesünder.
Blockaden lösen und Entfaltungsraum bieten
Der Begriff Körperfeedback wird häufig mit diesen Erfahrungen in Verbindung gebracht: Er beschreibt die Rückmeldung des gesamten Körpers, bei der Informationen vom Körper an das Gehirn und damit an das kognitive und psychologische Verarbeitungssystem übertragen werden. Es gibt Hinweise darauf, dass selbst kleine Veränderungen des Stimmungszustands kognitive Prozesse beeinflussen.
Chiropraktische Behandlungen nutzen das Körperfeedback, um die Reaktions- und Selbststeuerungsoptionen von Gehirn und Körper zu erweitern. Dazu gehören auch das seelische Erleben, Emotionen und Resilienz gegen Stress. Ein Instrument ist dabei die Justierung der Wirbelsäule mit ihrer Datenautobahn zwischen Körper und Gehirn unter Einbezug der Spinalnerven – frei nach der einfachen Formel: „bessere Haltung, bessere Stimmung“ können Justierungen so positiv unterstützen. Darüber hinaus zeigten sich in weiteren Forschungen direkte Effekte bei der Behandlung von mentalen Leiden.
Verhaltens- und Haltungsänderungen sollen so Hand in Hand gehen, um der Entfaltung des eigenen Wohlbefindens neuen Raum zu geben.